Der Puls auf 180, die Finger vor Anspannung im Sofa vergraben, der Atem stockt und du getraust dich kaum noch hinzuschauen: Horrofilme. Für die einen ein Gräuel, für die anderen unterhaltsamer Nervenkitzel, lernen uns Streifen wie John Carpenter’s Halloween (1978) Sean S. Cunningham’s Freitag der 13. (1980) oder Wes Craven’s Nightmare on Elm Street (1984) seit Jahrzehnten das Gruseln vor der Flimmerkiste. Richtig gute Horrorfilme sind zwar leider nach wie vor eher die Ausnahme als die Regel, doch es gibt sie! Die folgenden fünf Streifen solltest du als Horrorfilm-Liebhaber auf jeden Fall gesehen haben.
1. Hereditary – Das Vermächtnis (2018)
Mit knapp 200’000 Bewertungen auf IMDB wohl nur noch ansatzweise ein Geheimtipp: Hereditary von Ari Aster mit der Horrorfilm-geübten Toni Collette als Hauptdarstellerin. Seit langem hat mich kein Horrorfilm mehr derart mitzureissen vermocht: Die clevere Mischung aus Haunted-House Horror und Spuckgeschichte, gemischt mit einer einzigartigen Atmosphäre und eben so einfacher wie speziell umgesetzter Geschichte, packt von Anfang bis zum (etwas übertriebenen) Schluss! Obwohl einige Jumpscares ihren Weg in den finalen Film gefunden haben, versucht der Film nicht, dich mit billigen Erschreckern oder lauter Musik zu überrumpeln und punktet statt dessen besonders durch das Vermitteln eines permanenten Unbehagens und einer Grundspannung, welche zu jeder Zeit klar macht, dass hier “irgendetwas nicht stimmt”. Als unkonventioneller Horror-Streifen überzeugt der Film mit viel Liebe zum Detail, welcher, gespickt mit einer Menge Symbolik, auf alten Geschichten teuflischer Dämonen einschlägiger Literatur basiert und so dem gesamten Filmkonstrukt einen überzeugenden und tiefergreiffenden Boden verleiht. Ein durch und durch gekonnt umgesetzter Psychotrip mit einzigartiger Atmosphäre, spezieller Story und schönem Setting, welcher du nicht so schnell wieder vergisst, versprochen!
2. Midsommar (2019)
“Ein Horrorfilm bei Tageslicht?” So könnte man das in Schweden spielende Mystery-Horror-Drama Midsommar zwar etwas belächelnd abtun – doch damit würde man die Produktion rund um die noch etwas unbekanntere, aber sehr sympathische Schauspielerin Florence Pugh zu tiefst unterschätzen! Ebenfalls unter der Federführung von Ari Aster entstanden (siehe Hereditary), könnte die Geschichte für einen Horrorfilm zunächst nicht klassischer ausfallen: Eine Gruppe Studenten macht über Sommer gemeinsam Urlaub in einem für sie unbekannten Land. Dieser findet jedoch – und nun wirds spezieller – in einem Sektendorf in Schweden statt, da ein Teil der Gruppe diese Reise als Grundlage für ihre Doktorarbeit über Fremde Kulturen nutzt. Das besuchte “Mittsommerfestival” ist ein alle 90 Jahre stattfindendes, idyllisch wirkendes Sommerfest der Sektengruppe, welches als Schauplatz für den weiteren Filmverlauf dient. Natürlich bleibt es nicht lange beim Schreiben der Doktorarbeit und so findest du dich als Zuschauer bald in einer eben so speziellen wie gnadenlos konsequent umgesetzten Sektenwelt wieder, welche moralische Grundsatzfragen über Leben und Tod genau so schohnungslos in den Raum stellt, wie darüber hinaus mit der visuellen und teils akustischen Darbietung an die Grenzen des Ertragbaren geht. Dabei gelingt es dem Film mit einfachen Mitteln, den Zuschauer (nach einem anfänglich etwas trägen Eingang in die Geschichte) mit einer unglaublich dichten Atmosphäre, einzigartigem Setting und guten schauspielerischen Leistungen auf einen Trip durch den Schwedischen Sommer mitzunehmen, wie du ihn so bestimmt noch nie erlebt hast. Die Umsetzung spielt gekonnt mit dem Kontrast zwischen gut und Böse, der Reinheit und Kraft strenger Gebräuche einheimischer Sitten und dem “westlichen Trampeltier” als Elefant im Porzellanladen, welcher den Zug erst kommen sieht, wenn er schon längstens da ist. Auf skurrile Weise gelingt es dem Regisseur Ari Aster, mit Midsommar tief greiffende Themen wie der Umgang mit dem Tod, Fanatismus und Fundamentalismus in einer Weise zu präsentieren, dass du auch nach dem Vorbeiflimmern des Abspanns noch darüber nachsinnst und er liefert durch die einmalige Umsetzung mancher Szenen schon fast mehr ein abstruss-ästhetisches Kunstwerk als reine (und zu erwartende) Filmkost. Dieser Film ist bestimmt nicht für jedermann – aber er ist auf jeden Fall auf seine Weise ein Meisterleistung.
3. It Follows (2014)
Wenn Low-Budget auf eine gute Idee trifft: It Follows von (damals) Newcomer David Robert Mitchell verkörpert sinnbildlich das lebenslange Davonrennen vor dem Tod, welcher unweigerlich auf jeden von uns zukommt. Mit einem Gesamtbudget von ungefähr einer Million ist dieser Geheimtipp bestimmt der mit Abstand “billigste”, weshalb er auch mit verhältnismässig bescheidenen Mitteln bezüglich Filmlocations oder Special-Effects auskommen muss. It Follows demonstriert aber auf eindrückliche Weise, dass ein Film mit einer spannenden und frischen Geschichte nicht auf ein Hollywood-Budget angewiesen ist um zu überzeugen. Letztendlich ein Teenie-Film, verzichtet die Produktion fast völlig auf (meist aufgesetzt wirkende und unnötige) Jump-Scares und besticht hauptsächlich mit einer cleveren Story. Die der Geschichte innewohnende, auswegslose Grundthematik des Films lässt Fragen wie “was würde ich wohl in so einer Situation tun” regelmässig aufkommen, weshalb es dir nicht selten kalt den Rücken herunter läuft. Ein spannendes Gedankenexperiment gekonnt umgesetzt und dank dem eher sparsamen Einsatz von verstörenden Elementen auch teilweise mehr Thriller als Horror – Horrorfilm-Light für einen gemütlichen Abend zu zweit!
4. The Skin I Live In – Die Haut in der ich wohne (2011)
Die Spanische Produktion The Skin I Live In vom inzwischen international bekannten Regisseur Pedro Almodóvar erzählt die Geschichte eines brillianten Schönheitschirurgen, welcher die scheinbar unzerstörbare Haut erfunden hat. Obwohl er nach aussen angibt, dies nur an Mäusen experimentiert zu haben, hat er sich in wirklichkeit natürlich längstens auch an menschlichen Exemplaren versucht. Hierbei gerät er in Konflikt mit seiner zweiten Obsession: Seine Vorliebe für schöne Frauen. The Skin I Live In ist ein wunderschön umgesetzter Horror-Thriller, welcher auf der 1984 in Frankreich erschienenen Romanvorlage Mygale des Schriftstellers Thierry Jonquets basiert. Rache und Kreativität mischt sich in diesem Film mit Themen der Liebe, Sexualität und dem Hang zum vermeintlichen Perfektionismus, was diese Umsetzung aktueller denn je macht. Mit einem zünftigen Anteil Trash kommen auch Horrorfilm-Fans auf ihre Kosten und so liefert dieser Film ein spannend inszeniertes und gekonnt umgesetztes Gesamtpacket ap, welches bis zum Schluss zu fesseln vermag!
5. Oculus (2013)
Ein Spiegel der dir Dinge zeigt, die du sonst nicht siehst – das spannende an Horrorfilmen sind die Ideen, um welche sich die Geschichten drehen! Oculus von Mike Flanagan, welcher letztlich gerade Stephen King´s Klassiker Doctor Sleep (2019) verfilmte, versetzt dich in die Sicht von Kaylie Russell (Karen Gillan), welche durch ein waghalsiges Experiment die psychische Gesundheit ihres Bruders beweisen möchte, welcher durch den mysteriösen Einfluss des ominösen Spiegels Realität und Wahnvorstellungen nicht mehr unterscheiden kann und darum unter ärztlicher Betreuung steht. Ein mit einigen Jump-Scares gespickter Horror-Thriller, welcher als Hauptmerkmal besonders mit der Psyche der Protagonisten spielt und konstant auf ein unumgängliches Ende zusteuert. Intensiver und schon fast klassisch anmutender Horrortrip mit einigen spannenden Einfällen und Wendungen, welcher dich danach zweimal in den Spiegel blicken lässt und besonders durch die spezielle Umsetzung sowie die dichte Atmosphäre fesselt! Haunted-House Horror trifft auf Found Footage-Allüren, wobei die Grenzen zwischen Illusion und Realität stets zu verschmelzen drohen und deine Sinne bis zum bitteren Ende verwirren.
Weitere Horrorfilm-Geheimtipps, welche man gesehen haben muss?
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